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Arztstrafrecht

Kein gerichtliches Strafverfahren gegen „Gorch Fock“-Schiffsarzt im Fall Jenny B.

Das OLG Schleswig hat im Fall der 2008 tödlich verunglückten Offizieranwärterin Jenny B. den erneuten Antrag auf Strafanklage gegen den Schiffsarzt des Segelschulschiffes der Marine „Gorch Fock“ zurückgewiesen.

Die damals 18-jährige Offizieranwärterin Jenny B. ging Anfang September 2008 über Bord des Segelschulschiffs „Gorch Fock“. Sie trug keine Rettungsweste. Ihre Leiche wurde Tage später in der Nordsee treibend gefunden. Die Ursache des Überbordgehens von Jenny B. ist ungeklärt. Die Eltern werfen dem Schiffsarzt vor, er habe ihre Tochter in Kenntnis ihrer Unterleibsschmerzen und ihrer Neigung, häufig kurzzeitig einzuschlafen, pflichtwidrig nicht vom Dienst ausgeschlossen und sei so für das Überbordgehen ursächlich gewesen. Außerdem habe er Teile aus der Krankenakte entfernt und im Rahmen eines Verfahrens vor dem VG Aachen durch die Abgabe einer unrichtigen dienstlichen Stellungnahme einen Prozessbetrug begangen. Bereits im Jahre 2012 war die Einleitung eines strafgerichtlichen Verfahrens abgelehnt worden. Die Eltern stützen ihre erneute Strafanzeige auf die Aussage einer bisher nicht bekannten Zeugin.

Das OLG Schleswig hat den Klagerzwingungsantrag der Eltern wegen des Vorwurfs des Totschlags und der Urkundenunterdrückung als unbegründet und wegen des Vorwurfs des Prozessbetruges als unzulässig zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte für den Vorwurf des Totschlags gegen den Schiffsarzt vor. Zum einen seien die Umstände des Todes von Jenny B. ungeklärt, so dass nicht festgestellt werden könne, dass die behaupteten pflichtwidrigen Handlungen des Schiffsarztes ursächlich für ihren Tod gewesen seien. Zum anderen sei nicht erkennbar, dass der Schiffsarzt bei seiner Entscheidung über die Diensttauglichkeit von Jenny B. – selbst bei Kenntnis ihrer fraglichen Unterleibsschmerzen und Schlafstörungen – die Vorstellung besessen habe, diese könnten möglicherweise zu ihrem Tod führen und dies sei ihm egal gewesen. Dafür, dass der Schiffsarzt als Offizier und Arzt in Ausübung seines Dienstes das Leben seiner ihm anvertrauten Kameradin menschenverachtend aufs Spiel setzte, spreche nichts.

Soweit es den weiteren Vorwurf der Manipulation der Krankenakte von Jenny B. betreffe, scheide eine Anklageerhebung oder die Durchführung weiterer Ermittlungen aus, weil etwaige Urkundsdelikte bereits verjährt seien.

Der Klagerzwingungsantrag wegen des behaupteten Prozessbetruges sei unzulässig. Nach den Verfahrensvorschriften müsse der Antrag eine aus sich heraus verständliche Schilderung des Sachverhalts enthalten, so dass das Gericht ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten überprüfen könne, ob ein hinreichender Tatverdacht für die Erhebung der öffentlichen Anklage vorliege. Der Antrag entspreche diesen Anforderungen nicht, denn die Antragsteller hätten den Sachverhalt nur unvollständig dargelegt, so dass eine inhaltliche Überprüfung ohne Rückgriff auf die Akten nicht möglich gewesen sei.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Schleswig

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