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Urteil gegen „Guru von Lonnerstadt“ wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen rechtskräftig

Der BGH hat die Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth bestätigt, mit der dieses den „Guru von Lonnerstadt“ und seine Lebensgefährtin wegen (schwerer) Misshandlung von Schutzbefohlenen jeweils zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt hatte.

Nach den Feststellungen des Landgerichts litt der 1987 geborene Geschädigte seit frühester Kindheit an der Erbkrankheit Mukoviszidose und bedurfte daher permanenter medikamentöser, krankengymnastischer und ärztlicher Behandlung sowie einer besonderen Ernährung, um ein Fortschreiten der Krankheit möglichst weitgehend zu verhindern. Ende 1999 zog der Geschädigte mit seiner allein sorgeberechtigten Mutter (der Angeklagten) und zwei Geschwistern in den Hausstand des in den Medien als „Guru von Lonnerstadt“ bzw. „Guru von Ailsbach“ bezeichneten Angeklagten. Der Angeklagte übernahm freiwillig die Fürsorgepflicht für den Geschädigten. Beide Angeklagte, denen die Behandlungsbedürftigkeit des Geschädigten im Einzelnen bekannt war, wirkten nicht auf eine Fortführung der bis zum Einzug aufwändig durchgeführten medizinischen Betreuung hin, sondern überließen dem Geschädigten selbst die Entscheidung, ob er die Behandlung fortsetzen wolle oder nicht. Notwendige Medikamente und Gerätschaften stellten sie ihm nur unzureichend oder überhaupt nicht zur Verfügung. Der Kontakt des Geschädigten zu seinem leiblichen Vater wurde von beiden Angeklagten konsequent unterbunden. Der Geschädigte, dem die Tragweite seiner Entscheidung nicht bewusst war, war froh, ohne die aus seiner Sicht lästigen medizinischen Prozeduren leben zu können und verlangte keine medizinische Behandlung. Der Angeklagte stellte dem Geschädigten in Aussicht, dass seine (nicht kausal therapierbare) Erkrankung bis zum 18. Geburtstag geheilt werde, wenn der Geschädigte mehrmals täglich mit ihm meditiere. Dies glaubte der Geschädigte.

Der Zustand des Geschädigten verschlechterte sich ohne die erforderliche Behandlung bis zu seinem Auszug im Dezember 2002 rapide, was die Angeklagten erkannten. Aufgrund eines teilweise irreversiblen Funktionsverlustes der Lungenfunktion trat schließlich bei geringster körperlicher Betätigung Atemnot ein, er litt unter permanenten Kopfschmerzen, seine Bronchien waren stark verschleimt und er nahm trotz Wachstums in den drei Jahren nicht an Gewicht zu, so dass er massiv mangelernährt war. Sein Zustand war zuletzt potentiell lebensbedrohlich und hätte bei weiterer Nichtbehandlung innerhalb weniger Wochen zum Tode geführt.
Dieses Verhalten der Angeklagten hatte das LG Nürnberg-Fürth als bedingt vorsätzliches Quälen durch Unterlassen bewertet, weil beide ihrer Pflicht nicht nachgekommen seien, dem Geschädigten die notwendige medikamentöse, therapeutische und ärztliche Behandlung – notfalls auch gegen seinen Willen – zukommen zu lassen.

Der BGH hat die gegen dieses Urteil geführten Revisionen der Angeklagten verworfen.

Nach Auffassung des BGH ist die Beweiswürdigung des Landgerichts, insbesondere auch zum bedingten Vorsatz der Angeklagten, ebenso rechtsfehlerfrei wie die rechtliche Bewertung. Auch bei der Strafzumessung seien Rechtsfehler des Landgerichts nicht ersichtlich.

Das Urteil des LG Nürnberg-Fürth ist damit rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 135/2015 v. 04.08.2015

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