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DAV-Stellungnahme 66/16 zum niedersächsischen Ausführungsgesetz zur psychosozialen Prozessbegleitung im Strafverfahren

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt den Referentenentwurf für das niedersächsische Ausführungsgesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren grundsätzlich, hält jedoch weitere Ergänzungen und Konkretisierungen für angezeigt, um die Qualifizierung der Prozessbegleiter sicherzustellen.

Das Nds. AGPsychPbG-E stehe vor der Herausforderung, das der StPO bislang unbekannte Instrument der psychosozialen Prozessbegleitung für Niedersachsen auszugestalten. Der DAV begrüßt sehr die zeitlich befristete Anerkennung von psychosozialen Prozessbegleitern. Es solle allerdings – schon aus Klarstellungsgründen – die Möglichkeit einer Anerkennung mit Nebenbestimmung, bzw. Auflagen explizit normiert werden.

Das Nds. AGPsychPbG-E habe sich das Ziel gesetzt, die bisherige qualitative Vorreiterrolle Niedersachsens in der psychosozialen Prozessbegleitung auch über den 01.01.2017 hinaus fortzuschreiben. Ein besonderes Augenmerk sei deshalb auf die nachhaltige Sicherstellung einer besonderen Qualifikation zu legen. Hierzu gehöre zunächst die hochwertige theoretische Qualifikation im Bereich der Aus- und Weiterbildung. Wesentlich sei hierfür neben der Vermittlung aktueller Qualitätsstandards ein besonderes Augenmerk auf die Sensibilisierung für die Gefahren einer (unbewussten) Einflussnahme auf das (inhaltliche) Aussageverhalten der begleiteten Opfer zu richten. Zudem solle eine kalenderjährliche Mindeststundenanzahl für die zu absolvierende regelmäßige Fortbildung formuliert werden sowie die aktive Teilnahme an einer Supervision normiert werden. Durch dieses aus anderen Bereichen längst etablierte Instrument der Eigenvorsorge lasse sich eine nachhaltige Qualitätssicherung sicherstellen. Richtigerweise werde bereits bei Aufnahme der Tätigkeit eine praxisbasierte fachliche Qualifikation verlangt. Diese solle aus Sicht des DAV grundsätzlich bei drei Jahren liegen und in den letzten fünf Jahren erworben worden sein.

Der Ansatz, eine Anerkennung im Regelfall von der Beschäftigung bei einer juristischen Person des privaten oder öffentlichen Rechts abhängig zu machen, werde durchaus kritisch gesehen. Gleiches gelte für die Bestimmungen zur Anerkennung von Berufsqualifikationen mit Blick auf andere Mitgliedstaaten der EU oder ihnen gleichgestellte Länder. Hinsichtlich der persönlichen Zuverlässigkeit ist aus Sicht des DAV eine Konkretisierung mit Blick auf die anerkennungsfeindlichen strafrechtlichen Vorverurteilungen vonnöten.

Sollten schließlich für eine Übergangszeit nach dem Inkrafttreten Anerkennungen von noch nicht (fertig) ausgebildeten psychosozialen Prozessbegleitern ermöglicht werden, so solle dies als Ausnahmeregelung und streng bedarfsorientiert erfolgen, um nicht die mit Recht als Anerkennungsvoraussetzung geforderte Qualifikation durch eine nicht abgeschlossene Aus- bzw. Weiterbildung ad absurdum zu führen. Es gelte zu bedenken, dass ein auf die noch nicht abgeschlossene Aus- und Weiterbildung zurückzuführender Qualitätsmangel erstens der jungen psychosozialen Prozessbegleitung in ihrem Ansehen und zweitens den Geschädigten, zu derer Unterstützung sie gedacht ist, ungewollt einen größeren Schaden zufügen kann, als es der beabsichtigte Nutzen einer vollen Bedarfsdeckung in den ersten sechs Monaten aufwiegen kann.

Weitere Informationen
PDF-Dokument DAV-Stellungnahme Nr. 66/16 v. 13.10.2016 (PDF, 193 KB)

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