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BGH prüft hohe Managementbezüge für VW-Betriebsräte

Letztes Jahr hatte das Landgericht Braunschweig in einem Untreue-Verfahren gegen vier VW-Personalmanager festgestellt, dass sich auch bei leitenden Belegschaftsvertretern die Einstufung der Gehälter an dem Lohn orientieren müsse, den diese zum Zeitpunkt der Entsendung in den Betriebsrat für ihre bisherige Tätigkeit bekommen hatten. Die Angeklagten hatte es gleichwohl freigesprochen. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Revision ein – eine Grundsatzentscheidung steht an.

Streitfrage: Dürfen Betriebsräte „übermäßig“ gut verdienen?

In dem Verfahren ging es um die Frage, ob drei ehemalige und ein noch amtierender Manager zwischen 2011 und 2016 für einflussreiche VW-Betriebsräte wie den langjährigen Vorsitzenden Bernd Osterloh überzogene Gehälter unrechtmäßig abgesegnet hatten. Dies wurde vom LG im Ergebnis verneint. Wie unabhängig von der strafrechtlichen Schuldfrage eine angemessene Vergütungshöhe für Betriebsräte arbeitsrechtlich einzuschätzen sei, hatte die Kammer in ihrer mündlichen Begründung zunächst weitgehend offen gelassen. In der Urteilbegründung hat das Gericht nun festgestellt, dass Vollzeit-Jobs im Betriebsrat letztlich Ehrenämter seien, die selbst bei Erwerb besonderer Kenntnisse und Erfahrungen nicht mit Aufgaben im höheren Management vergleichbar seien. Mit ein Anstoß für die ausführliche Erklärung des Gerichts dürfte das Revisionsgesuch sein, das die Staatsanwaltschaft in dem Fall an den BGH richtete.

Keine klare Regelung im Betriebsverfassungsgesetz

Zur Eingruppierung vor allem leitender Mitglieder von Belegschaftsvertretungen macht das Betriebsverfassungsgesetz nur vage Vorgaben – das sehen auch viele andere Wirtschaftsjuristen so. Häufig ist es eine schwierige Abwägung. Zum einen dürfen Betriebsräte beim Gehalt nicht bevorteilt werden, damit „erkaufte Loyalität“ zur Firmenleitung unterbunden wird. Auf der anderen Seite darf es für sie aber auch keine Benachteiligung geben – bezogen auf Karrierewege, die sie womöglich sonst gegangen wären. Osterloh, inzwischen Personalchef der VW-Nutzfahrzeug-Holding Traton, verdiente während seiner Zeit an der Betriebsratsspitze in Bonus-Spitzenjahren bis zu 750.000 Euro. Der VW-Konzernbetriebsrat in Wolfsburg betonte auf Anfrage, der Gesetzgeber müsse mit einer Reform des Betriebsverfassungsgesetzes jetzt endlich Klarheit schaffen, welche genauen Maßstäbe für die Bezahlung anzulegen seien. „Die rechtlichen Unsicherheiten bei der Festlegung sind ein Thema für die betriebliche Mitbestimmung in ganz Deutschland. Es geht hier inzwischen nicht mehr nur um Volkswagen.“

LG: Maßstab ist allein der Stand bei Freistellung

Der Vorsitzende Richter Bohle Behrendt schloss sich nun überraschend einer unter Fachleuten diskutierten „strengen Ansicht“ an. Demnach sei eine Bezahlung als „Co-Manager“ oder „auf Augenhöhe“ mit den Verhandlungspartnern auf Arbeitgeberseite unzulässig. Basis der Entscheidung über die Gehaltshöhe eines Betriebsrats müsse vielmehr stets die „betriebsübliche Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer“ sein. Sonderkarrieren könnten nicht zugrunde gelegt werden. Sprich: Nicht später gewachsene Verantwortung und Fähigkeiten sollen der Maßstab sein, sondern allein der Stand bei der Freistellung. Für Osterloh hätte das bedeutet, dass er wohl zumindest ein mittleres fünfstelliges, aber mit großer Wahrscheinlichkeit kein sechsstelliges oder gar hohes sechsstelliges Jahresgehalt bekommen hätte. Bis 1990 war er sogenannter Beanstandungsbeheber in der Qualitätskontrolle. Ablehnend äußerte sich Behrendt auch zu einer Erweiterung der Bemessungsgrundlage um „solche Qualifikationen, die während der Betriebsratstätigkeit erlangt werden. (…) Es geht um den Ersatz des Entgelts, welches ohne Betriebsratstätigkeit verdient worden wäre.“

BAG vertritt weniger strenge Ansicht

Den Freispruch für die vier Personalmanager berührt all dies vorerst nicht – jedenfalls solange der BGH nicht seine Meinung zu dem Fall dargestellt hat. Wann der dortige Beschluss kommt, ist noch unklar. Aus Kreisen der Prozessbeteiligten in Braunschweig hieß es, Straf- und Arbeitsrecht würden empfindlich kollidieren, sollte der BGH sich der Interpretation Behrendts anschließen. Denn es bestünden schon Entscheidungen des BAG sowie durchlaufene Schiedsverfahren mit renommierten Arbeitsrechtlerinnen und Arbeitsrechtlern, welche die Möglichkeit höher angesetzter Vergleichsgruppen beim Gehalt für erfahrene Betriebsräte unterstützten: Anders entschiedene Fälle ließen das LG bisher aber offenbar unbeeindruckt. „Das insgesamt gewonnene Ergebnis mag als praktisch unbefriedigend empfunden werden“, heißt es in dem Urteil. Es sei jedoch „bei der bestehenden Gesetzeslage auch in weltweit agierenden Konzernen, in denen Betriebsräte in bedeutende Entscheidungen eingebunden sind, hinzunehmen.“

Quelle: becklink 2024241

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