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Cum-Ex-Skandal: OLG Frankfurt wertet Tatvorwürfe auch als gewerbsmäßigen Bandenbetrug

Das OLG Frankfurt hat sich – soweit ersichtlich als erstes Obergericht – mit der strafrechtlichen Würdigung des „Cum-Ex-Skandals“ befasst und den der Anklageschrift zugrundeliegende Sachverhalt neben dem Vorwurf der Steuerhinterziehung auch als Verbrechen des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs gewertet.

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main führte gegen den gegenwärtig in der Schweiz befindlichen Angeklagten ein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem sog. Cum-Ex-Skandal. Der Angeklagte soll „als spiritus rector ein Betrugssystem entwickelt und umgesetzt“ haben, das als „Cum-/Ex“-Leerverkaufsmodell bekannt wurde. Ziel sei es gewesen, sich eine einmal einbehaltene Steuer zweimal auszahlen zu lassen.
Das Landgericht Wiesbaden hatte auf die Anklageschrift vom 27.9.2017 hin das Hauptverfahren mit Beschluss vom 10.12.2019 eröffnet und gegen den Angeklagten wegen der Tatvorwürfe am 26.10.2020 einen Haftbefehl erlassen. Der Angeklagte bestreitet die Tatvorwürfe.

Die gegen den Erlass des Haftbefehls gerichtete Beschwerde des Angeklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Der Senat wertet den Umstand, dass sich der Angeklagte einen Tag nach der Durchsuchung in die Schweiz begeben hatte, als Flucht. Es sei davon auszugehen, dass der Angeklagte aufgrund seiner beruflichen Ausbildung gewusst habe, dass die Schweiz wegen Steuerdelikten nicht nach Deutschland ausliefere.

Es bestehe der dringende Tatverdacht des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs sowie der Steuerhinterziehung. Der Senat hat das sog. Cum-/Ex-System dahingehend zusammengefasst, dass in einem ersten Schritt „als Vorbereitung für den von Anfang an geplanten Betrug durch Kombination von im Einzelnen zulässigen Finanzinstrumenten ein tatsächlich existierender Aktienbestand quasi gespiegelt“ worden sei. Dies sei geschehen, „um scheinbar einbehaltene und damit vermeintlich gezahlte Steuern auf Dividenden vorzutäuschen, mit dem Ziel, darüber eine zweite, tatsächlich unberechtigte Steuerbescheinigung zu erhalten“. In einem zweiten Schritt seien dann „unter Vorlage dieser zweiten insoweit inhaltlich falschen Steuerbescheinigung unter missbräuchlicher Ausnutzung des formalisierten Steuersystems die Finanzbehörden irrtumsbedingt zur Auszahlung der tatsächlich vorher nicht einbehaltenen Steuern zum Nachteil des deutschen Steuerzahlers veranlasst“ worden. Alleiniges Ziel sei es dabei von Anfang an gewesen, „dieses System solange als möglich zu betreiben und dabei so viel wie möglich unberechtigte Steuerzahlungen für die Bande zu erhalten“. Zur Durchführung habe es einer größeren Anzahl von Personen bedurft, „die in einem bestimmten Zeitfenster miteinander verzahnt nach einer vorherigen Absprache konkret aufeinander abgestimmte Finanztransaktionen durchführen“. Die erlangten Gelder in Höhe von 113 Mio. € seien nach einer bestimmten, vorher vereinbarten Quote unter den Mitgliedern des vom Senat als Bande gewerteten Zusammenschlusses mit weiteren fünf Angeklagten und einem verstorbenen Mitglied aufgeteilt worden.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 16/2021 v. 12.03.2021

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