Aktuelles

Allgemein

Das Europäische Parlament hat am 05.10.2017 der Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft zugestimmt.

Die Kommissare Oettinger und Jourová bezeichneten die Entscheidung als „historischen Schritt“. Die neue Behörde wird künftig gegen Betrug zulasten des EU-Haushalts und gegen Mehrwertsteuerbetrug vorgehen. „Die Europäische Staatsanwaltschaft wird dazu beitragen, das Geld der Steuerzahler in der EU besser zu schützen und dafür sorgen, dass Straftäter vor Gericht gestellt und missbräuchlich verwendete Mittel viel schneller eingezogen werden“, so die beiden Kommissare. Insgesamt beteiligen sich 20 Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit an der Europäischen Staatsanwaltschaft. Weitere Mitgliedstaaten können jederzeit beitreten. Nach der Zustimmung vom 05.10.2017 durch das Europäische Parlament kann die Verordnung am 12.10.2017 endgültig angenommen werden.

In ihrer gemeinsamen Erklärung betonten die Kommissare Oettinger und Jourová: „Bestehende EU-Gremien wie das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) haben keine Strafverfolgungsbefugnis in den Mitgliedstaaten, sondern müssen ihre Akten an nationale Stellen übergeben. Dies kann die Strafverfolgung in grenzüberschreitenden Fällen und den zügigen Abschluss von Verfahren erschweren. Die neue Europäische Staatsanwaltschaft soll genau dies beheben und dafür sorgen, dass Straftäter vor Gericht gestellt und missbräuchlich verwendete Mittel viel schneller wieder eingezogen werden.“

Die beiden Kommissare erklärten weiter: „Da Straftäter keine Grenzen kennen, ist es höchste Zeit, sie aufzuhalten und Staatsanwälten die bislang fehlenden Instrumente an die Hand zu geben, um grenzüberschreitend vorzugehen. Wir stellen erfreut fest, dass bereits 20 Mitgliedstaaten den Wunsch geäußert haben, ihre Kräfte zum verstärkten Schutz des EU-Haushalts und der EU-Steuergelder zu bündeln. Wir fordern die anderen Mitgliedstaaten auf, sich bald anzuschließen.“

Wie Präsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Union dargelegt hat, kann die neue Europäische Staatsanwaltschaft ein wirksames Instrument sein, um Bürgerinnen und Bürger selbst über ihre derzeitige Zuständigkeit für Straftaten gegen die finanziellen Interessen der EU hinaus zu schützen. Die Europäische Staatsanwaltschaft könnte auch mit der Verfolgung grenzübergreifender terroristischer Straftaten beauftragt werden. Im nächsten Jahr wird die Kommission die nächsten Schritte zur künftigen Erweiterung der Aufgaben der Europäischen Staatsanwaltschaft darlegen.

Hintergrund

Im Anschluss an die im Juni 2017 im Rat „Justiz“ erzielte allgemeine Einigung zwischen Belgien, Bulgarien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Österreich, Portugal, Rumänien, der Slowakischen Republik, Slowenien, Spanien, der Tschechischen Republik und Zypern hat das Europäische Parlament am 05.10.2017 seine Zustimmung erteilt, sodass die Verordnung am 12.10.2017 endgültig angenommen werden kann. Nach Annahme der Verordnung können weitere Mitgliedstaaten den 20 Gründungs-Mitgliedstaaten jederzeit beitreten.

Warum brauchen wir einen Europäischen Staatsanwalt?

Durch grenzüberschreitenden Betrug entgehen den nationalen Haushalten in ganz Europa Jahr für Jahr Mehrwertsteuereinnahmen in Höhe von mindestens 50 Mrd. Euro. Jahr für Jahr macht die organisierte grenzüberschreitende Kriminalität Milliardengewinne, indem sie nationale Vorschriften umgeht und sich der strafrechtlichen Verfolgung entzieht. Im Jahr 2015 haben die Mitgliedstaaten betrügerische Unregelmäßigkeiten ermittelt und der Kommission gemeldet, die einen Betrag von etwa 638 Mio. Euro ausmachen, dabei sind entgangene Mehrwertsteuereinnahmen noch nicht eingerechnet. Die Möglichkeiten der nationalen Staatsanwaltschaften zur Bekämpfung groß angelegter grenzüberschreitender Finanzkriminalität sind begrenzt. Die neue EU-Staatsanwaltschaft wird rasche Ermittlungen in ganz Europa und einen Informationsaustausch in Echtzeit durchführen. Damit wird sich das Blatt wenden.

Wie wird die Europäische Staatsanwaltschaft arbeiten?

Eine unabhängige Behörde

Die Europäische Staatsanwaltschaft wird als zentrale Behörde aller teilnehmenden Mitgliedstaaten fungieren. Sie wird als hoch spezialisierte und unabhängige Behörde außerhalb der bestehenden Organe und Dienste fungieren und im Interesse der EU agieren, ohne dabei Weisungen von Organen der EU oder nationalen Behörden einzuholen oder anzunehmen.

Eine effiziente Zusammenarbeit mit nationalen Behörden

Die Europäische Staatsanwaltschaft wird sich in eine zentrale EU-Ebene mit einem Zentralbüro und eine dezentrale Ebene mit abgeordneten europäischen Staatsanwälten in den Mitgliedstaaten gliedern, wobei die europäischen Staatsanwälte auch weiterhin ihr Amt als nationale Staatsanwälte ausüben werden (Doppelfunktion). Die auf nationaler Ebene durchgeführten Ermittlungen und strafrechtlichen Verfolgungen werden vom Zentralbüro beaufsichtigt, damit ein einheitlicher Ansatz in der gesamten EU gewährleistet ist. Auf diese Weise wird die Staatsanwaltschaft ein breites Spektrum an Fachwissen über nationale Rechtsordnungen und Erfahrungen bündeln und gleichzeitig ihre Unabhängigkeit wahren. Wenn die Staatsanwaltschaft ermittelt, werden die nationalen Behörden ihre Kompetenzen in derselben Strafsache nicht ausüben.

Eine Behörde für rasche Ermittlung und Strafverfolgung

Die Europäische Staatsanwaltschaft wird wirksam gegen Betrug zulasten des EU-Haushalts und Mehrwertsteuerbetrug (beispielsweise Betrugsdelikte mit einem Schadensvolumen von mehr als 10.000 Euro und grenzüberschreitender Mehrwertsteuerbetrug mit einem Volumen von mehr als 10 Mio. Euro) vorgehen können. Sie wird in bestimmten grenzüberschreitenden Fällen ohne langwierige Verfahren der justiziellen Zusammenarbeit ermitteln und direkt vor den nationalen Gerichten Klage gegen die Straftäter erheben können. Damit wird die Strafverfolgung entscheidend verbessert, und es können auf betrügerische Weise erlangte Gelder besser zurückerlangt werden.

Ein umfassendes Konzept zum Schutz von Steuergeldern

Während die Europäische Staatsanwaltschaft für strafrechtliche Ermittlungen zuständig sein wird, wird das OLAF weiterhin verwaltungsrechtliche Untersuchungen durchführen, um in allen Mitgliedstaaten der Union gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete Unregelmäßigkeiten und Betrug aufzudecken. Auf diese Weise wird ein möglichst umfassender Schutz für den EU-Haushalt gewährleistet und die Aufdeckungs- und die Verurteilungsquote gesteigert.

Quelle: EU-Aktuell v. 05.10.2017

Eine Antwort hinterlassen

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*

captcha Bitte Code eintragen

* Die bezeichneten Felder sind Pflichtfelder.