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Kein Prozess gegen früheren Oberstaatsanwalt

Das OLG Oldenburg hat entschieden, das Hauptverfahren gegen einen Vorsitzenden Richter des LG Oldenburg wegen des Verdachts, sich in zwei Fällen der Strafvereitelung im Amt in Tateinheit mit Rechtsbeugung strafbar gemacht zu haben, nicht zu eröffnen.

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hatte dem Richter mit der Anklage vom 15.04.2015 zur Last gelegt, in der Zeit vom 01.08.2011 bis zum 17.11.2013 in seinem früheren Amt als Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg für die Führung der wegen Mordverdachts anhängigen Verfahren gegen einen früheren Krankenpfleger verantwortlich gewesen zu sein und hierbei ihm obliegende Amtspflichten verletzt zu haben. So soll der Angeschuldigte keine weitere Ermittlungen aufgenommen und insbesondere keine weiteren Exhumierungen von während der Dienstzeit des früheren Krankenpflegers verstorbenen Patienten veranlasst haben, obwohl sich dieses angesichts anderer Erkenntnisse aufgedrängt hätte. Dadurch sei die Verfahrensdauer mit der Folge einer zu erwartenden späteren Verurteilung des Krankenpflegers unnötig verlängert worden, wenn nicht sogar die toxikologischen Untersuchungen infolge des Zeitablaufs und der zunehmenden Verwesung der Leichen ohnehin erfolglos bleiben sollten. Ferner soll der Angeschuldigte bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt eines Oberstaatsanwalts am 17.11.2013 trotz bestehenden hinreichenden Tatverdachts keine Anklage gegen den früheren Krankenpfleger wegen zum Nachteil fünf verstorbener Patienten begangener Tötungsdelikte erhoben haben. Die nachfolgend mit den Ermittlungen befasste Dezernentin hatte am 06.01.2014 Anklage wegen Mordes in drei Fällen und versuchten Mordes in zwei Fällen erhoben. Der frühere Krankenpfleger ist Ende Februar 2015 von der Schwurgerichtskammer wegen dieser Taten zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Das LG Oldenburg hatte mit Beschluss vom 27.08.2015 die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Richter aus tatsächlichen Gründen abgelehnt. Gegen diese Entscheidung hatte die Staatsanwaltschaft Osnabrück Rechtsmittel eingelegt.

Das OLG Oldenburg hat den Beschluss des Landgerichts nunmehr bestätigt.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts besteht nach den der Anklage zugrundeliegenden Ermittlungen kein hinreichender Tatverdacht. Ein als Rechtsbeugung und damit auch als Strafvereitelung im Amt strafbares Verhalten liege nach der Rechtsprechung des BGH nicht schon dann vor, wenn ein Amtsträger das Recht unrichtig anwende oder ermessensfehlerhaft handele. Vielmehr erfasse die Vorschrift nur den Rechtsbruch als elementaren Verstoß gegen die Rechtspflege, bei dem sich der Amtsträger bewusst in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entferne.

Vorliegend sei bezüglich der nach Juli 2013 unterbliebenen Anklageerhebung zu berücksichtigen, dass sich der in anderer Sache verurteilte Krankenpfleger in Haft befunden und kein Beweismittelverlust oder die Verjährung der Taten gedroht habe. Zudem sei in den Blick zu nehmen, dass der Angeschuldigte seinen Vorgesetzten über die erhebliche Dezernatsbelastung informiert habe und dieser ihm – dem Angeschuldigten – freigestellt habe, welche Verfahren er in der bis zum Ausscheiden aus dem Amt im November 2013 verbleibenden Zeit vorrangig bearbeiten wolle. Vor diesem Hintergrund könne von einem elementaren Verstoß gegen die Rechtspflege nicht ausgegangen werden.

Ebenso bestehe kein hinreichender Tatverdacht hinsichtlich des Vorwurfs, der Angeschuldigte habe keine weiteren Exhumierungen veranlasst. Hierzu habe der Angeschuldigte bis zum Vorliegen belastender Aussagen von Mithäftlingen des zu diesem Zeitpunkt bereits wegen der ersten Verurteilung in Haft befindlichen früheren Krankenpflegers keinen Anlass gehabt, weil die daraus zu gewinnenden toxikologischen Erkenntnisse für eine Anklageerhebung nicht ausgereicht hätten.

Auch nachdem sich Mithäftlinge gemeldet und angegeben hätten, der frühere Krankenpfleger habe ihnen gegenüber die Tötung zahlreicher namentlich nicht benannter Patienten eingeräumt, sei es nicht verfahrensfehlerhaft gewesen, die richterliche Vernehmung der Mithäftlinge abzuwarten. Hinsichtlich des danach ab Juli 2013 noch verbleibenden kurzen Zeitraums bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dezernat sei zu berücksichtigen, dass der Angeschuldigte im Einvernehmen mit seinem Dienstvorgesetzten wegen vorrangiger anderer Verfahren von einer Ausweitung weiterer Ermittlungen zunächst absehen durfte.

Die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens durch das LG Oldenburg ist mit dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts rechtskräftig geworden. Rechtsmittel sind nicht gegeben.

Vorinstanz
LG Oldenburg, Beschl. v. 27.08.2015 – 1 Kls 24/15

Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg

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